
Einladung zum Vortrag Prof. Dr. Jens-Christian Wagner: „Erinnerungskultur unter Druck. Die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen in Zeiten weltweiten Rechtsrucks.“ 8. Dezember 2025, 19 Uhr, PW-Hausberge, Bürgerhaus, Am Park 1
Am Montag, dem 8. Dezember ist Prof. Dr. Jens-Christian Wagner mit dem Vortrag „Erinnerungskultur unter Druck. Die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen in Zeiten weltweiten Rechtsrucks“ in Porta Westfalica zu Gast.
80 Jahre nach Kriegsende schwindet in der Gesellschaft das Bewusstsein für die Bedeutung, die die Auseinandersetzung mit den nationalsozialistischen Ver-brechen für unsere demokratische Selbstverständigung hat. Zugleich nehmen Angriffe auf die Gedenkstättenarbeit wie auch geschichtsrevisionistische Positionen zu. Rechtsautoritäre Bewegungen setzen die liberalen Demokratien weltweit unter Druck. Wie kann die historisch-politische Bildungsarbeit diesen Herausforderungen begegnen? Wo endet das Neutralitätsgebot der Gedenkstätten, Museen, Kultur- und Bildungseinrichtungen?
Diesen Fragen widmet sich der renommierte Historiker und Gedenkstätten-leiter Prof. Dr. Jens-Christian Wagner in seinem Vortrag. Er ist seit 2020 Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und Professor für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Bis 2014 leitete er die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, von 2014 bis 2020 war er Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und Leiter der Gedenkstätte Bergen-Belsen. Seine zahlreichen Publikationen beleuchten die Themengebiete NS-Verbrechen, Zwangsarbeit und Erinnerungskultur aus verschiedenen Perspektiven.
Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei. Aufgrund des beschränkten Platzangebots im Bürgerhaus ist eine Anmeldung per Email unter info@gedenkstaette-porta.de erforderlich. Ohne Anmeldung ist eine Teilnahme leider nicht möglich.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation von: Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen e.V., Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Minden, Jüdische Kultusgemeinde Minden, KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica, LWL-Museum Glashütte Gernheim, Minden für Demokratie und Vielfalt e.V., Mindener Geschichtsverein, VHS Minden/Bad Oeynhausen
Vortrag Dr. Philip Knäble
"Lehraufträge, Gartenpflege, Remigrationspläne. Das Vlothoer Collegium Humanum und die Region OWL (1963-1985)"
18. November 2025, 19.30 Uhr Marienstift Minden, Stiftstr. 2b
Am 18. November wirft der Göttinger Historiker Dr. Philip Knäble in seinem Vortrag ein Schlaglicht auf einen besonders zwielichtigen Sammelpunkt rechtsextremistischer Gruppierungen in der heimischen Region. Unter dem Titel „Lehraufträge, Gartenpflege, Remigrationspläne“ untersucht der Kenner der Verbindungen zwischen der Umweltbewegung und der extremen Rechten in den 1970er und 1980er-Jahren „das Vlothoer Collegium Humanum und die Region OWL (1963-1985)“, so der Untertitel seines Vortrags.
Die von dem ehemaligen NS-Funktionär Werner Haverbeck (1909-1999) und seiner Frau Ursula Haverbeck-Wetzel (1928-1924) gegründete Bildungsstätte war ein zentraler Tagungsort für rechtsextremistische Gruppierungen und Holocaust-Leugner, bis das Collegium Humanum 2008 vom Bundesinnenminister verboten wurde. In den Anfängen waren die Kontakte Haverbecks ins rechtsextreme Milieu jedoch kaum bekannt. Die Einrichtung galt sogar als politisch eher links und wurde von Gewerkschaften und Hochschulen sowie der Friedens- und Umweltbewegung für Seminare genutzt. Haverbeck wirkte zudem als Dozent in Bielefeld und Minden an der Fachhochschule für Ingenieurwesen.
Der Vortrag findet im Marienstift, Stiftstraße 2b in Minden statt. Beginn ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.
Gedenkveranstaltung anlässlich der Reichspogromnacht
am 09.11.2025, 11:00 Uhr,
Michelsohn-Platz, in Porta-Westfalica-Hausberge
Nicht wissen wollen, ist die bedingungslose Kapitulation
Pierre Bleton, ehemals als KZ-Häftling im Außenlager des KZ Neuengamme an der Porta Westfalica interniert
Am 9, November 2025 findet zum 87, Mal der Gedenktag an die Reichspogromnacht statt. Unter einem Pogrom versteht man eine gewaltsame, auch organisierte Massenausschreitung gegen Mitglieder religiöser, nationaler, ethnischer oder andersartig definierter Minderheiten oder Gruppen einer Bevölkerung. Die Novemberpogrome 1938 - bezogen auf die Nacht vom 9, auf den 10. November auch (Reichs-)Kristallnacht oder Reichspogromnacht genannt - waren vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Gewaltakte gegen die jüdische Bevölkerung im gesamten Deutschen Reich. Dabei wurden etwa 400 Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben. Über 1.400 Synagogen, Bet-Stuben und sonstige Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört. Ab dem 10. November wurden ungefähr 30.000 Jüdinnen und Juden in Konzentrationslagern inhaftiert, von denen hunderte ermordet wurden oder an den Haft-Folgen starben. Die Pogrome markieren den Übergang von der Diskriminierung der deutschen jüdischen Bevölkerung seit 1933 zu ihrer systematischen Verfolgung.
Einweihung einer Informationstafel auf dem Michelsohn-Platz
Am 9, November, dem Gedenktag an die Reichspogromnacht 1938, wird auf dem Michelsohn-Platz, Porta Westfalica-Hausberge, um 11:00 Uhr, eine Informationstafel über die Geschichte der Familie Michelsohn eingeweiht.
Auf Initiative von zwei Portaner Bürgern beschloss der Bezirksausschuss I Hausberge in seiner Sitzung am 5. Dezember 2024 die Benennung des Michelsohn-Platzes in Hausberge. Die Öffentlichkeit kann sich über die Informationstafeln über die Hintergründe hierzu informieren. Im Rahmen der Veranstaltung wird es eine kurze Einführung zur Familie geben. Anschließend kann an einem Spaziergang zum jüdischen Friedhof teilgenommen werden. Die Führung wird von der AG Jüdischer Friedhof Hausberge der Gesamtschule Porta Westfalica durchgeführt.
Der Platz, bis zur Umbenennung als "Grüner Marktplatz" bezeichnet, liegt in Sichtweite der Hauptstraße 21. Hier hatte die Familie bis 1936 ihr Wohn- und Geschäftshaus, bevor dieses an die Amtssparkasse verkauft wurde. Am Nachfolgegebäude erinnert eine Gedenktafel an das Schicksal der Familie. Vorfahren der Michelsohns wohnten bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in Hausberge. Sie prägten das wirtschaftliche und soziale Leben der Stadt über Generationen mit. Im Garten des Hauses befand sich die ab 1853 errichtete Synagoge, die das Zentrum des jüdischen Gemeindelebens bildete. 1861 gründete Moses Michelsohn mit seinem Sohn Wolf und zwei Geschäftspartnern die Firma M. Michelsohn & Co. Bis Anfang der 1920er Jahre baute die Firma den markanten Porta-Sandstein rund um den Weserdurchbruch ab, weitere Firmen der Familie betrieben erfolgreich Handel mit Baustoffen.
Die letzten Bewohner des Hauses Hauptstraße 21, Hedwig, Laura und Siegfried Michelsohn, siedelten nach dem Verkauf des Hauses nach Wuppertal-Elberfeld über. Sie nahmen sich 1941 vor der drohenden Deportation gemeinsam das Leben. Der in Hausberge geborene Otto Michelsohn engagierte sich gegen antisemitische Hetze in der Weimarer Republik und gegen die zunehmende Entrechtung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung im erstarkenden Nationalsozialismus. Er flüchtete vor der NS-Verfolgung ins Ausland, kehrte in die Bundesrepublik zurück und wurde nach seinem Tod auf dem jüdischen Friedhof in Hausberge beigesetzt. Auf dem Michelsohn-Platz befindet sich seit den 1920er Jahren der sogenannte Kriegerbrunnen, für dessen Baukosten der Unternehmer Nathan Michelsohn zu großen Teilen aufkam. 1992 wurde auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes das Mahnmal für die Opfer der Außenlager des KZ-Neuengamme an der Porta Westfalica aufgestellt.